Nicht allein aus „Liebe zum Rade“ (Schwitters) oder nach der Devise „la roue – c’est tout“ (Tinguely) hat Steinkellner seine „Räder“ gebaut; es lag ihm vielmehr daran, in konsequenter Weiterführung seiner Arbeit Linien und Formen, die schon in seinen Bildern von 1993–1995 als mögliche räumliche Gebilde zu sehen sind, gleichsam aus dem Bild und von der Wand zu nehmen und als bestimmende Struktur eines komplexen eigenständigen Gebildes vor die Wand zu stellen. Was den Anschein eines aus „armem“ Material zusammengesetzten „Objektes“ hat, ist im Grunde als ein in den Raum übertragenes erweitertes Bild zu verstehen, und die beiden Doppelräder verweisen darauf: sowohl mit ihrem Anschein unstimmiger Spiegelbilder und ihrer Funktion als Träger und Rahmen für die collagierten fast landschaftlich malerischen Zuschnitte aus rostigem Blech als auch durch ihr insgesamt zugelassenes Schiefes, Fehlerhaftes, scheinbar Zufälliges, Leichtes. Zusätzlich konterkariert Steinkellner hier den Begriff „Rad“: seine „Räder“ sind nicht kreisförmig, sondern, wie in perspektivischer Verformung, elliptisch: sie rollen nicht, drehen sich nicht, stehen still, sind Gestelle ohne genaue Mitte und Achse (und doch läßt das Verstrebte, Angefügte und Eingespannte noch die strenge Ikone von Leonardos „homo ad circulum“ ahnen); zugleich aber sind sie, betont durch die präzis gesetzten roten Markierungs­flächen, so gegeneinander verschoben, daß sie eine in Phasen zerlegte Drehung andeuten und jenen Augenblick des Gleichgewichts einfrieren, bevor das „Rad“ mit dem, was in ihm ist, sich weiter drehen wird. Auch die mit Tag- und Nachtseite bemalten Kugeln, die wie kleine Himmelskörper als Strecken- und Zeitmaß einer Umlaufbahn aufgereiht sind, imaginieren in ihrem Zustand Bewegung (so wie der Rost der Bleche vergehende Zeit). Ein Zeitrad schließt ein Geschehen ein. Steinkellner könnte hier ein selbstironisches Modell der eigenen Arbeit gebaut haben.

Ernst Nowak